Spicher Geschichtsweg
Beschreibung der Wegpunkte auf dem Spicher Geschichtsweg
1. Haus Broich
Das stattliche Herrenhaus an der Burgstraße wurde1620 (1623?) – also im 30-jährigen Krieg! – auf den Fundamenten älterer Vorgängerbauten errichtet, das Kreuzgratgewölbe im Keller stammt aus dem 14. Jh. Die adeligen Besitzer des Gutes sind seit dem 14. Jh. mit den Namen „von Broich“ in Urkunden genannt. Im Laufe der Jahrhunderte ging der Besitz an verschiedene Adelsfamilien, wobei die Besitzerwechsel teilweise von heftigen Streitigkeiten geprägt waren. 1572 tagte sogar ein Sieglarer Sondergericht, um den jahrelangen Streit zwischen Sophia von Vellbrück als Besitzerin von Haus Broich und Reinhard von Duisternau als Lehensträger zu schlichten. Erst die nachfolgende Generation kam zu einer Einigung, indem Reinhards Witwe Haus Broich an Sophias Enkel Augustin von Wolffen verkaufte. Die Wirren der Zeit gingen an dem Gemäuer nicht spurlos vorüber. Auch das Haus von 1623 war Mitte des 20. Jh. so baufällig geworden, dass es in den 70er Jahres teilweise abgetragen und neu gebaut wurde. In der Folgezeit befand sich dort ein städtisches Jugendzentrum. Heute ist das Anwesen wieder in privatem Besitz, der umliegende Park und das Bürgerzentrum sind fester Bestandteil des öffentlichen Lebens im Ortsteil Spich.
2. Alaunhütte
In der Wahner Heide gibt es eine Vielzahl von Grubenfeldern, in denen man Mineralien wie Braunkohle, Ton, Eisenmangan und Erz abbaute. Aus den Tonen und der Braunkohle ließ sich Alaun gewinnen. Die 1815 gebaute Alaunhüttewar die erste industrielle Ansiedlung im Gebiet der heutigen Stadt Troisdorf. Die Straßennamen des Wohngebietes erinnern an die Vergangenheit des Bergwerks und der Hütte. Alaunist ein sandartiges Erz. Es wurde in der Gerberei zur Herstellung von feinem Leder, in der Färberei sowie bei der Keramikherstellung benutzt. Im alltäglichen Gebrauch ist es als Blutstillmittel bekannt. 1861 endet die Produktion von Alaun, stattdessen wird Raseneisenstein vor allem für FWH abgebaut. Der durch die Alaunförderung auf Halde liegende Ton und neuer Ton wird von Franz Anton Mehlem (Godesberg) abgebaut. Inhaber der Steingutfabrik in Mehlem ist seit 1894 Franz Guilleaume. Sein Sohn Theodor war in den Spicher und Sieglarer Forsten Jagdpächter. Ebenfalls 1894 geht das Spicher Bergwerksrecht von Mehlem an Franz Guilleaume. 1898 kauft der Porzer Ziegeleibesitzer Josef Lengsholz, der auch schon in Spich eine Ziegelei an der Mülheimer Straße hatte, dem Mehlem das Grundstück der Alaunhütte ab und gründete dort eine Falz-Ziegelfabrik (Dachziegel-Fabrik), den Panneschoppe“ . Sein Geschäft läuft nicht gut. Er stellt Konkursantrag.
1909 übernimmt der in Eitorf geborene Jean Wester mit einem Kompagnon (Justizrat Seidenfaden) die Spicher Kies- und Tonwerke, später „Westerwerk“ genannt. Wester wirkte in Spich überaus aktiv in allen wichtigen Vereinen. Er kandidierte 1918 für die USPD und trat zum Zentrum über. 1923 baut er die schöne Art-Deco-Villa als Bürogebäude (Architekt Heusch, Düsseldorf. Er selbst wohnte mit seiner Familie links daneben. (Nach dem II. Weltkrieg erhält er ein Dankschreiben eines russischen Kriegsgefangenen, der bei ihm 1941 bis 45 gearbeitet hat. Jean stirbt 1951. Die Söhne Hanns und Theo übernahmen den Betrieb, der 1962 Konkurs machte und 1968 endgültig den Betrieb einstellte. Noch 1968 kauft Jacob Plein-Wagner und Söhne (PLEWA) aus Speicher in der Eifel. Sie produzieren bis 1976 feuerfeste Steine. In den Jahren 2001 und 2002 wurden die alten Fabrikgebäude abgerissen, und es entstand die heutige Neubausiedlung.
3. Waldstadion
Nach kurzem, steilem Aufstieg von der Niederterrasse, der Kölner Bucht, erreicht man das idyllisch gelegene Waldstadion, das sich auf der Mittel- oder Heideterrasse ausdehnt. Auch dieser Bereich wurde in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts Teil des Truppenübungsplatzes. Seit der militärischen Nutzung, die 1817 als Artillerie-Übungsplatz in Wahn begann, hat man sich angewöhnt, diese Landschaft, die aus Trocken- und Feuchtheiden besteht, Wahner Heide zu nennen. Sie grenzt östlich an das Bergische Land, das zum Rheinischen Schiefergebirge gehört.
Seit 2010 nennen die Spicher ihr Waldstadion, wie ein Schriftzug am Eingang verkündet, „Sportpark Spicher Höhen“. Damit greifen sie – bewusst oder unbewusst – einen Begriff auf, der unseren Vorvätern sehr vertraut war. Im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 war die erste Schlacht, die auf französischem Gebiet stattfand, diejenige von den Spicherer Höhen 6 km westlich von Saarbrücken in Lothringen. Trotz großer Verluste blieben die Deutschen siegreich und bereiteten damit ihren endgültigen Sieg vor. Damit wurde der Name eine Legende, die, wie man an diesem Beispiel erkennen kann, sich auch für den Ort von legendären „Fußballschlachten“ eignet. Außerdem passt der Name sehr gut zur Landschaft, weil nach 1870/71 der Schießplatz allmählich zum Truppenübungsplatz ausgebaut wurde, wobei hervorgehobene Punkte oder Wege in der Landschaft nach führenden Personen aus diesem Krieg benannt wurden, z. B. Kaiser-, Bismarck-, Roonhügel. Oder der Planitzweg, der nach Karl von der Planitz benannt wurde, der 1870/71 General war und später sächsischer Kriegsminister wurde. Oder der Kamekeberg, der nach Karl Georg von Kameke benannt wurde, der im August 1870 den Befehl zum Angriff auf die Spicherer Höhe gab.
Manch einer der „Bleimöps“, wie die Spicher im Volksmund genannt werden, dürfte auch hier am Stadion vorbei in die Heide gegangen sein, um dem rechtswidrigen und überaus gefährlichen Entwenden abgeschossener Munitionshülsen nachzugehen, um anschließend in Köln beim Altwarenhändler einen kleinen Gewinn einzustreichen.
4. Belgisches Soldatendenkmal
Im 20. Jahrhundert waren wiederholt ausländische Besatzungstruppen in der Wahner Heide stationiert. Nach dem 2. Weltkrieg stand das Gebiet zunächst unter amerikanischer, dann unter britischer Militärverwaltung, bevor es Bestandteil der belgischen Besatzungszone wurde, die von Aachen bis Brakel und von Soest bis Vogelsang in der Eifel reichte. Das erste belgische Camp entstand auf der hohen Schanze in Altenrath, als zweites folgte in Spich Kamp Vlaanderen, später umbenannt in Kamp Koning Boudewijn (Roi Baudouin, König Balduin)). Mit den Soldaten kamen ihre Familien, und es entstanden belgische Siedlungen, Geschäfte, Clubs aber auch Schulen und Freizeiteinrichtungen. Aus den Besatzern wurden NATO-Verbündete, zahlreiche Verbindungen und Freundschaften wurden geknüpft. Die Nutzung der Wahner Heide blieb den Streitkräften vorbehalten. Die Troisdorfer Bevölkerung hatte gemäß Nutzungsvereinbarung von 1968 die Erlaubnis, das Gebiet samstags ab 13.00 Uhr und sonntags zu betreten. Im Rahmen des Rückzugs der NATO-Truppen aus Deutschland beschloss die belgische Regierung im Jahre 2001 den Abzug ihrer Truppen aus der Wahner Heide. Offiziell wurden die Verabschiedung 2002 von König Albert II. und dem damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau in Spich vorgenommen, bis 2004 dauerte der endgültige Abzug. Wie die Aufschrift auf dem Denkmal besagt, starben nicht weit von dieser Stelle sieben belgische Soldaten bei einem Verkehrsunfall.
5. Abraumhalde der Alaunhütte
Verschiedene drei bis vier Meter hohe und nebeneinander aufgeschüttete Erdwälle, die teilweise gut zu erkennen sind, erinnern an den Betrieb der Alaunhütte. Bei der Gewinnung des Alauns wurde das Mineral aus Braunkohle und Tonerde herausgelöst. Der dabei entstehende Abraum wurde zu Halden aufgeschüttet, deren Überreste hier noch zu erkennen sind. Manche Halden wurden wieder abgebaggert und zur Herstellung von Ziegeln oder anderen Steingütern verwendet. Der Weg, der an den Abraumhalden vorbei führt, ist der Katzbacher Waldweg. Er bringt uns gleichzeitig zur Gräfenhardt und später in die Nähe der Abtshardt. Beide Namen verweisen auf die wichtigsten Nutzer des Altenforstes bis zu Anfang des 19. Jahrhunderts: den Abt vom Michaelsberg und den Grafen und späteren Herzog von Berg.
Wo der Katzbacher Weg auf den Eisenweg trifft, erkennt man zur Linken das ehemalige Munitionslager der Belgier. Der abgetrennte letzte Teil beherbergt das Depot der Sprengstoffbeseitigung des Regierungsbezirks Köln. Wenige hundert Meter weiter nordöstlich befinden sich die Reste eines Munitionsdepots, das bis in die 80er Jahre von US-Soldaten bewacht wurde. Der Eisenweg, über den der Spaziergang jetzt weiter führt, war seit dem Spätmittelalter ein Verbindungsweg zwischen dem Kölner Raum und dem Siegerland. Er ist heute noch einer der wichtigsten Erschließungswege des Heidegebietes.
6. Forsthaus Telegraf
1815 kam das Rheinland im Wiener Kongress an Preußen. 1832 verband die preußische Regierung Berlin mit Koblenz durch einen Sichttelegrafen, wie er 1793 von dem Pgysiker und Geistlichen Claude Chappe in Lyon erfunden worden war. Durch 61 Telegrafenstationen wurden die rund 600 km überbrückt. Eine dieser Stationen war auf dem Rotter Berg, der fortan „Telegraf“ hieß. Sie verband die Stationen Zündorf und Söven. Das Wohnhaus des Telegrafisten steht noch. Es beherbergt heute ein Gourmet-Restaurant, dem seit einigen Jahren der „Heidekönig“ als Wiesenlokal zu volkstümlichen Preisen angeschlossen ist. Der Telegrafenturm selbst wurde abgerissen. Rechts von der Eingangstür erklärt jedoch ein Hinweisschild die Funktion der optischen Telegrafie, die 1850 eingestellt wurde, da Morse in den 30er Jahren die elektrische Telegrafie erfunden hatte.
7. Quarzitsandgrube Phönix/Filk
Von den Sand- und Kiesgrubenfeldern, die vor allem im 19. Jahrhundert in der Wahner Heide bewirtschaftet wurden, erkennt man heute nur noch Vertiefungen und Erdlöcher in der Landschaft. Bis zur Mitte des Jahrhunderts wurden die Schürfrechte für 53 Grubenfelder genehmigt, 1857 wurden sie dann unter dem Begriff „Bergwerk Wahner Heide“ zusammengefasst. Quarzit und Sand wurde für die großen Bauvorhaben und Straßenbeläge der Ortschaften in Troisdorf benötigt. Mit der Ausbreitung der Industrie wuchsen auch die Dörfer und Arbeitersiedlungen um die Fabriken herum. Sand und Kies wurden bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts abgebaut, obwohl seit 1930 große Teile der Heide unter Naturschutz standen.
8. Holstein
Um den vor rund 25 Millionen Jahren entstandenen Quarzitblock, den man seit langer Zeit „Holstein“ nennt, ranken sich mehrere Sagen und Legenden. Ob sich in Höhlen unter dem Fels Zwerge verbergen, oder der Stein einem Riesen als Hut dient, die meisten Erzählungen behandeln die Zeit der Christianisierung, als die Mythen der alten Naturgötter zurückgedrängt wurden. Vermutlich diente der Holstein als vorchristliche Kultstätte. Im 19. Jahrhundert versuchte man, den Stein zu sprengen, blieb jedoch trotz des Einsatzes von Dynamit erfolglos. Der Holstein erhebt sich an seiner ursprünglichen Stelle und lädt zum Geschichten erzählen ein.